Für wen haltet ihr mich?
Eine großartige Eigenschaft Jesu ist, dass er immer wieder Fragen stellt, die Menschen ins Nachdenken bringen und die mich - wenn ich mich darauf einlasse - im Leben weiterbringen.
An diesem Sonntag hören wir davon, dass er seine Jüngerinnen und Jünger fragt: "Für wen halten die Leute mich?". Frei übersetzt: "Was sagen die Leute über mich, wenn ich nicht dabei bin?" Jesus ist daran interessiert, hinter all die echten und unechten Komplimente, hinter all die Phrasen zu schauen, die die Menschen ihm gegenüber äußern. Richtig interessant wird es allerdings hinterher: Nachdem seine Jünger ihm berichtet hatten, dass viele Leute ihn für einen Propheten halten - auch das klingt nach einer gefilterten Aussage - wendet er sich direkt an sie: "Und? Für wen haltet ihr mich?" Der Evangelist Markus überliefert nur die Antwort von Petrus: "Du bist der Christus!" Daraufhin verbietet Jesus seinen Jüngern, mit irgendjemandem über ihn zu sprechen.
Warum eigentlich? Weil er die Erfahrung gemacht hat, dass der Hinweis "Behalte das für dich." dazu führt, dass genau das weitergesagt wird? Weil er sich seiner selbst noch nicht sicher ist? Weil er nicht sich, sondern seine Botschaft in den Mittelpunkt stellen will? Oder weil Petrus - und das meine ich gar nicht herabwürdigend - ihn auf ein Schlagwort, auf einen Slogan reduziert? Du bist der Christus! Dagegen lässt sich zwar nichts sagen, aber was heißt das denn?
Jesus selbst hat sich oft anders gezeigt. Er hat versucht, die Menschen mitzunehmen, hat Geschichten erzählt, die mit dem Leben zu tun hatten. Er hat Gott, sich selbst, be-greif-bar gemacht. Genau das macht für mich die Größe Jesu aus: Dass er sich auf unsere Ebene begibt. Dass er sich für uns interessiert.
Morgen und in zwei Wochen dürfen wir wählen - für unsere Kommune und für unser Land. Menschen stellen sich zur Wahl und fragen uns damit auch: "Für wen haltet ihr mich?" Die Antwort bekommen sie als Kreuz auf dem Wahlzettel präsentiert. Den Wahlkampf bestimmen allerdings eher Slogans und Phrasen. Auch hier gilt es, dahinter zu schauen, auf die Parteien und auf die Menschen. Eines ist sicher: Sie sind nicht der Christus. Sie sind nicht unsere Erlöser. Aber sie sind Menschen, die sich für uns, unsere Stadt und unser Land einsetzen möchten. Unterstützen wir sie dabei in Wort und Tat oder zumindest, indem wir unser Kreuz für sie machen.
Foto: Peter Weidemann | pfarrbriefservice.de