Handeln
Von Marco Koch - Zweimal im Jahr lädt Matthias Schulte zur Blues- und Betstunde in die St.-Marien-Kirche nach Schladen ein. Gestern Abend war es wieder soweit. In den Texten und Liedern ging es um das Handeln und immer wieder auch um die Frage, welche Motivation, welche Motive und welche Haltung wir haben, um vom Denken und Reden ins konkrete Handeln zu kommen. Gute Empfehlungen für ein glückliches Leben können die 10 Gebote sein - wenn wir sie denn als Handlungsempfehlung nutzen. Das sei in dieser Zeit gar nicht so leicht, meinte Matthias Schulte und zitierte aus Dr. Bob Mooreheads "Das Paradox unserer Zeit":
"Wir haben unseren Besitz vervielfacht, aber unsere Werte reduziert.
Wir sprechen zu viel, wir lieben zu selten und wir hassen zu oft.
Wir wissen, wie man seinen Lebensunterhalt verdient, aber nicht mehr, wie man lebt.
Wir haben dem Leben Jahre hinzugefügt, aber nicht den Jahren Leben."
"Können wir dagegen etwas tun?" fragte Matthias Schulte eher rhetorisch, um deutlich zu machen: Ja, wir können etwas dagegen tun. Der erste Schritt muss gewagt werden. Er muss in Liebe gegangen werden, so, wie es Paulus im 1. Brief an die Korinther schreibt: Die Liebe muss das Motiv für unser Handeln sein. Dann können wir diese Welt verändern.
Neben den schönen Texten und Liedern bleibt mir von dieser Blues- und Betstunde besonders der Brief in Erinnerung, den Matthias Schulte an Paulus geschrieben hat - sozusagen als Antwort auf dessen Brief an die Korinther:
Lieber Paulus,
ich danke dir für deine Worte aus dem Korintherbrief, sie ermutigen mich immer wieder. Ich kann mir gut vorstellen, wie es damals in Korinth zugegangen ist; in einer Hafenstadt, die auf der Handelsroute zwischen Asien und dem Römischen Reich lag. Da kamen sicherlich viele Menschen zusammen, aus verschiedenen Herkünften, aus verschiedenen Religionen, mit ihren individuellen Sitten und Gebräuchen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das wahrscheinlich ein Schmelztiegel der Emotionen war, die dann schon mal hochgegangen sind.
Umso besser und mutiger finde ich es, dass du immer wieder Stellung bezogen hast. Du hast sicher erkannt, dass die Mitglieder der Gemeinde Führung brauchten, eine Wegweisung, eine Orientierung, eine Basis, auf der sie handeln und miteinander umgehen konnten. Und du hast es gewagt, die Mitglieder der Gemeinde zu ermahnen und vor allem auch Situationen konkret anzusprechen. Das finde ich gut und ich spüre deine Leidenschaft in den Worten. Ich hab´ das Gefühl, dass uns diese Leidenschaft, für eine Überzeugung einzustehen, heute manchmal fehlt. Und es fehlt an Mut, den Rücken gerade zu machen und für eine Sache wirklich einzustehen. Zumal wenn es die richtige Sache ist und das sogar klar ist.
Was ich wirklich Klasse finde, sind die Worte, die du gefunden hast. Heute nennen wir den Hauptteil in deinem Brief: Das Hohelied der Liebe. Wahrscheinlich hast du damals nicht geahnt, dass es ein sehr populärer Text werden würde. Bei vielen Hochzeiten und anderen Gelegenheiten werden deine Worte zitiert. Ob sie allerdings immer so verstanden werden, wie du sie gemeint hast und wofür du sie gesprochen hast, da bin ich mir nicht ganz sicher.
Jedenfalls war dir die Liebe als Basis wichtig. Nicht irgendeine emotionale, sexuelle, sondern eine auf den Worten Jesu beruhende Liebe sollte die Basis des Handelns, des Tuns, sein. Das war damals bei der Vielfalt an Menschen und den vielen Herkünften sicher nicht ganz einfach. Aber glaub mir, das ist es heute auch nicht.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die Zeiten ähneln. Auch bei uns gibt es mehr und mehr Menschen aus anderen Ländern, mit ihren Sitten und Gebräuchen, mit ihren Religionen. Sie sind nicht freiwillig gekommen, etwa um Handel zu betreiben. Dazu müssen wir heute nicht mehr in andere Länder reisen. Das erledigt Amazon.
Nein, sie sind gekommen, weil sie nicht anders konnten. Sie mussten ihre Länder, ihre Heimat, ihre Familien verlassen, weil ihr Leben bedroht wurde. Krieg, Verfolgung, Unterdrückung haben sie zu uns getrieben. Aber was erzähle ich dir, diese Umstände kennst du ja auch aus deiner Zeit im Römischen Reich.
Bei uns heute gibt es Menschen, die mit Feindseligkeiten und Ablehnung auf diese fremden Menschen reagieren, ich vermute aus Angst oder Unwissenheit. Was sollen wir also tun? Diese Frage hast du dir damals vielleicht auch gestellt und bist auf die richtigen Worte gekommen – Danke dafür!
Bei vielen Menschen sehe ich heute die Bereitschaft, in solch einer christlichen Nächstenliebe sich zu begegnen. Dazu haben die Menschen unterschiedliche Wege gefunden. Viele engagieren sich in sozialen Aufgaben und Projekten. Da sind überall Hoffnungszeichen. Ich versuche das mit anderen zusammen in besonderen Gottesdiensten, diese Botschaft weiter zu verbreiten. Das macht uns Freude und Spaß, aber wie weit es uns gelingt, die Botschaft weiterzutragen, kann ich nicht sagen. Aber wir bleiben dran. We do our best – wie man so schön in neudeutsch sagt.
Lieber Paulus, noch einmal herzlichen Dank für deine Worte, die ich immer wieder gern weitergebe. Ich wünsche dir alles Gute!
Dein Matthias
P.S.: Ich habe diesen Brief in der Blues- und Betstunde vorgelesen. Wundere dich also nicht, wenn dich jemand darauf anspricht. Mach´s gut!