Königsein geht anders
Mit dem Palmsonntag starten Christinnen und Christen in die heilige Woche, die uns über den Gründonnerstag, den Tag des letzten Abendmahls, und den Karfreitag, an dem wir an das Leiden und Sterben Jesu denken, hin zum Osterfest und zur Auferstehung führt.
Die biblischen Texte vom Palmsonntag erzählen, wie Jesus in die Stadt Jerusalem einreitet und dort als König empfangen wird. Die Leute jubeln ihm zu. Der Evangelist Matthäus beschreibt es so: „Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!“ Die Palmzweige, von denen der Sonntag seinen Namen hat, werden nur beim Evangelisten Johannes erwähnt: „Da nahmen die Leute Palmzweige, zogen hinaus, um ihn zu empfangen ...“
Statt der Kleider und Zweige würde heute wohl ein roter Teppich für Jesus ausgerollt. Auch wenn sich heute gern - mehr oder weniger - Prominente auf dem roten Teppich präsentieren, so bleibt er doch Zeichen der höchsten Wertschätzung, beispielsweise beim Besuch eines Staatsgastes. Ursprünglich waren rote Teppiche mit Purpur gefärbt, einem äußerst teuren Farbstoff, der nur für die kostbaren Gewänder weltlicher und religiöser Würdenträger verwendet wurde. Um ihn auf den Boden zu legen war er viel zu wertvoll, weshalb er in der griechischen Mythologie auch den Göttern vorbehalten war.
Darauf scheint Jesus aber keinen Wert zu legen, denn er reitet auf einem Esel in die Stadt hinein, nicht auf einem hohen Ross. Damit stellt er das Königtum seiner Zeit - und wohl auch unsere Vorstellungen von Macht, Herrschaft und Prominenz - auf den Kopf. Königsein geht für ihn anders: Jesus übt keine weltliche Macht über die Menschen aus. Sein Konzept ist es nicht, einfach auf den Tisch zu hauen, die Diskussion für beendet zu erklären oder das Problem mit Gewalt zu lösen. Jesus möchte die Menschen und ihr Handeln verändern und dafür hat er keinen Schlachtross und keinen roten Teppich nötig.
Eher stellt sich die Frage, ob wir bereit sind, ihm den roten Teppich unseres Herzens auszurollen? Uns für ihn zu öffnen? Unser Leben und Handeln in seinem Sinn zu ändern? Symbolisch tun wir das, wenn wir in den Gottesdiensten geweihte Palmzweige - bei uns oft aus Buchsbaumzweigen - in den Händen halten und ihm „Hosianna“ singen, ursprünglich übrigens kein Jubel- sondern ein Bittruf, der „Hilf doch!“ bedeutet. Symbolisch ja, aber auch in unserem praktischen Tun?
Jesus sucht keine Menschen, die im nur zujubeln, sondern Menschen, die den Mut haben, mitzugehen - durch das Leid zum möglichen Neubeginn. Menschen, die sich auf die Möglichkeit einlassen, dass nichts bleibt, wie es war, dass sich alles ändert. Und so wünsche ich Ihnen für die beginnende Karwoche, dass Sie sich bewegen lassen, nicht nur zu jubeln, sondern mitzugehen und zu erleben, dass sich dann mehr ändern kann, als wir es uns vorstellen.
Marco Koch