Kommunikation braucht Gemeinschaft
Von Marco Koch - Am Dienstagabend kam Weihbischof Dr. Nikolaus Schwerdtfeger im Rahmen der Visitation des Dekanates Goslar-Salzgitter zum Pfarreiabend ins Pfarrheim der Liebfrauen-Gemeinde in Bad Harzburg. Nach dem Gottesdienst konnte er sich - gemeinsam mit den etwa 30 Gemeindemitgliedern aus den Kirchorten Vienenburg, Wiedelah, Bündheim und Bad Harzburg - mit leckeren belegten Broten stärken, bevor es in den thematischen Teil des Abends ging.
Dekanatspastoralreferent Jürgen Selke-Witzel moderierte den Abend und zeichnete zunächst einmal den Weg des Visitationsprozesses von einem ersten Abend in Salzgitter-Lebenstedt bis zum aktuellen Treffen nach. Dann lud er den Weihbischof ein, den Vorbericht, der in der Pfarrei erstellt worden war, zu würdigen: Weihbischof Schwerdtfeger machte zunächst darauf aufmerksam, dass die Pfarrgemeinde aus vier Kirchorten bestehe und zusammen mit zwei weiteren Pfarreien Teil der Katholischen Kirche Nordharz sei. Er erinnerte sich an die Jahre 1991 - 1995, in denen er Pfarrer in St. Benno war. Damals habe die Personalsituation bei den Pfarrern und Priestern noch ganz anders ausgesehen. Ein zustimmendes, wissendes Lachen ging bei dieser Bemerkung durch den Saal.
In seinem Blick auf die Pfarrei ging der Weihbischof auf die Tatsache ein, dass es nur in zwei der vier Kirchorte ein Vor-Ort-Team gebe und dass die Pfarrei im Vergleich mit dem bundesdeutschen Durchschnitt "unterjüngt" sei. Trotzdem gebe es eine Reihe von Angeboten für Kinder und Familien, wie z. B. die Ferienfreizeit in Vienenburg oder die katholische Kindertagesstätte St. Josef in Wiedelah. In Bad Harzburg selbst seien eher die Senioren und die Ökumene Schwerpunkte der Pastoral. In diesem Zusammenhang betonte Schwerdtfeger u. a. die Tobias-Gemeinschaft. Bemerkenswert in Bündheim fand er das Engagement für die "Kleine Tafel" und das Weihnachtszimmer.
Dann standen drei der fünf von der Pfarrei benannten Themenschwerpunkte auf dem Programm: Bernhard Düsing, stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes, ging auf die Kommunikation in der Pfarrei ein. Während der Austausch zwischen den Gremien und den ehrenamtlich Engagierten in den Kirchorten durch persönliche Begegnungen gewährleistet sei, laufe es zwischen den Kirchorten nicht optimal, vielleicht deshalb, weil es nur selten direkte Kontakte gebe. Mit Blick auf das Pfarrbüro in Bad Harzburg, das er als Kommunikationszentrale der Pfarrei versteht, sieht er noch Optimierungsbedarf.
Unter den Anwesenden wurde kontrovers diskutiert, ob direkte Treffen der Vor-Ort-Teams, evtl. ergänzt durch Kirchenvorstands- oder Gemeindemitglieder aus den Kirchorten ohne Vor-Ort-Team, die Kommunikation zwischen den Gemeinden verbessern könne. Pfarrer Thomas Mogge äußerte die Meinung, dass Kommunikation von Beziehung lebe - das gehe nicht nur per Mail, was sich ja an einigen Konflikten schon gezeigt habe. Weihbischof Schwerdtfeger wies ebenfalls darauf hin, dass Kommunikation Kommunion - also Gemeinschaft - voraussetze. Dafür sei es wichtig, dass es nicht "die da" und "die da" gebe. Das zukünftig zu ändern sei aus seiner Sicht wichtig, insbesondere, wenn man sich die Gesamtentwicklung anschaue: In Deutschland seien nicht einmal mehr 50% der Menschen Mitglied einer christlichen Kirche. Darum könnten direkte Treffen - evtl. ein- bis zweimal im Jahr - ein Gewinn für das Miteinander und die Gemeinden sein.
Ein weiterer Schwerpunkt des Abends war die Frage, wie die Pfarrei attraktiver werden könne, besonders für Menschen unter 40 Jahren. Barbara Bothe aus dem Kirchort Hl. Familie in Vienenburg, die seit vielen Jahren im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienpastoral engagiert ist, hatte sich des Themas angenommen. Zunächst erweiterte sie die Frage in "Wie kann Kirche attraktiver werden?" und gab auch gleich eine Antwort: "Die Kirche muss ehrlicher werden und für ihre Fehler einstehen." Aus ihrer Sicht litten die Kirchorte und Pfarreien unter dem Missbrauchsskandal und den Folgen. Sie wies aber auch darauf hin, dass sich die Gemeinden der Katholischen Kirche Nordharz früh mit der Prävention von sexualisierter Gewalt auf den Weg gemacht hätten. Jürgen Selke-Witzel erwähnte ergänzend die Präventionsausstellung "Augen auf!". Sie sei in der Katholischen Kirche Nordharz entwickelt worden und schon unterwegs in vielen Gemeinden des Bistums gewesen.
Ein zweites Hindernis für mehr Attraktivität der Pfarrei sah Barbara Bothe in den großen Räumen, dem wenigen pastoralen Personal und der Tatsache, dass die Priester - insbesondere die Pfarrer - mehr mit Verwaltungstätigkeiten als mit Seelsorge beschäftigt seien. Als dritten Punkt fügte sie die Feier der Gottesdienste und der Sakramente an. Sie seien "Haltepunkte", an denen die Menschen mit Kirche in Kontakt kämen. Aber sie müssten eine entsprechende Atmosphäre haben, denn die Leute fragten sich schon: "Bringt es mir etwas, wenn ich in den Gottesdienst der Gemeinde gehe? Oder habe ich vielleicht mehr davon, mir den Gottesdienst im Fernsehen anzuschauen?"
Diesen Gedanken griff Weihbischof Schwerdtfeger auf und fragte weiter: "Wie können wir den Schatz des Evangeliums zum Leuchen bringen?" In diesem Zusammenhang machte er deutlich, dass es in vielen Regionen der Welt Mittelpunktkirchen gebe, in Deutschland und im Bistum Hildesheim hingegen hätten wir viele Kirchen, die oft aber nicht mit Leben gefüllt seien. Er frage sich, ob es denkbar wäre, auch bei uns solche Mittelpunktkirchen zu haben, in denen verlässlich am Sonntag Gottesdienst gefeiert wird? In diese Gottesdienste könnten wir alles hineinlegen, sodass es wirklich schöne Gottesdienst würden. Und rund um die Gottesdienste könnte "diakonisches Leben" stattfinden.
Mit diesen Fragen war die Überleitung zum dritten Thema des Abends schon vorgegeben: Begeisterung für Liturgie. Weihbischof Schwerdtfeger erzählte von Erfahrungen mit und in Taizé. Das Wichtigste dort sei das Gebet. Aber auch die einfachen Gesänge und die Stille spielten eine Rolle und Schriftworte, die immer wiederholt würden, sodass sie in den Menschen einsickern können. In Taizé werde darauf geachtet, es schön zu machen und Gottesdienst zu feiern.
Im Austausch über diesen Gedanken wurden einige Beispiele genannt, wo das auch hier vor Ort gelungen ist: eine Maiandacht im Pfarrgarten, die Frühwachen bei Kerzenlicht, Gottesdienste mit den Kindern aus der Kindertagesstätte, aber auch der Hinweis, dass liturgische Gewänder zur Schönheit der Liturgie beitragen könnten. Pfarrer Thomas Mogge wies darauf hin, dass die neue Gottesdienstordnung, bei der die Priester häufig nur eine Messe am Sonntag feiern würden, Möglichkeiten böte, den Sonntag um den Gottesdienst herum gemeinsam zu gestalten, auch wenn er natürlich wisse, dass das in Konkurrenz zu Familie und anderen Angeboten stehe.
Fast mit einer Punktlandung beendete Jürgen Selke-Witzel den Abend, der mit einem Dank an alle, die ihn vorbereitet hatten, einem Gebet und dem Segen durch den Weihbischof endete. Interessant wird es sein, zu verfolgen, ob die Überlegungen und der Austausch Auswirkungen für die Kirchorte und die Pfarrei haben wird. Der Abend sei zumindest schon ein gutes Beispiel für die Begegnung miteinander gewesen. Wir dürfen also gespannt sein!