Was brauchen die Menschen?
Von Marco Koch - Am Donnerstagabend waren die Mitglieder der Pfarrgemeinde St. Jakobus der Ältere zum Pfarreiabend ins Pfarrheim St. Benno eingeladen. Immerhin etwa 45 Personen nahmen diese Einladung zum Treffen mit Weihbischof Dr. Nikolaus Schwerdtfeger an, der in diesen Tagen die Gemeinden in der Katholischen Kirche Nordharz visitiert.
Nach der Eucharistiefeier zu Beginn gab es erst einmal einen Imbiss - leckere belegte Schnittchen - um danach miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Themen des Abends waren dem Vorbericht entnommen, den die Gremien und engagierte Gemeindemitglieder im Vorfeld des Pastoralbesuchs erarbeitet hatten. Zunächst griff Weihbischof Schwerdtfeger einige Inhalte des Berichts auf und äußerte sich sehr positiv über das Magazin "Stadt - Land - Gott". Ergänzend hatte seine Sekretärin ihn noch auf den Internetauftritt hingewiesen und besonders deren Aktualität hervorgehoben. Beides seien schöne Zeichen nach außen, fand der Weihbischof. In diesem Zusammenhang ging er auch auf die Goslarschen Höfe als gemeinsame Initiative der Caritas und der Diakonie, auf die beiden Kindertagesstätten und die Worthschule ein. All das seien Antworten auf die Frage, was wir als katholische Kirche, als Christinnen und Christen für die Stadt tun könnten, in der wir leben. Die Tatsache, dass die Kirchen St. Jakobi, St. Benno und zeitweise St. Konrad offene Kirchen seien, merkte er ebenso positiv an, wie die ökumenische Zusammenarbeit etwa bei "Pfingsten in Goslar" mit dem Churchwalk und dem ökumenischen Gottesdienst sowie den interreligiösen Abrahamskreis in Oker.
Aber auch die Sorgen und Probleme, die im Bericht vorgestellt wurden, hatte Weihbischof Schwerdtfeger aufmerksam gelesen: Angebote stoßen auf geringe Resonanz. Jugendliche, Kinder und Familien sind schwer erreichbar. Es fehlt an ehrenamtlich Engagierten in vielen Bereichen. Die Kommunikation zwischen den Vor-Ort-Teams und den einzelnen Kirchorten ist nicht immer einfach.
Um einige dieser Themen ging es auch im anschließenden Austausch. Stefan Bolde-Müller vom Vor-Ort-Team St. Jakobi war Anwalt für das Thema "Gemeinschaft". Er fragte in seinem Eingangsstatement, wie Gemeinschaft, wie Gemeinde zu verstehen sei. "Reicht es aus, gemeinsam Gottesdienst zu feiern oder wie kann die Gemeinschaft auch darüber hinaus gestärkt und gelebt werden?" Es schloss sich eine längerer Gedankenaustausch an. U. a. wurde die Erfahrung benannt, dass es wichtig sei, auf die Menschen zuzugehen und sie persönlich anzusprechen. Ein weiterer Gedanke war, dass Familien ja ebenfalls Gemeinschaften seien, die nicht "ständig zusammenhocken, aber trotzdem zusammenhalten". So sei es in den Gemeinden auch. Andere Beiträge gingen darauf ein, dass die Lebenswelt der Menschen sich verändert, ständig im Wandel ist und es neue Bedürfnisse gibt. Als positive Beispiele wurden die MiniKirche, ein Projekt der Kindertagesstätte St. Jakobi mit der Gemeinde, der neu entstandene Kontakt in die queere Community, die angefragt hat, ob zu Beginn des Christoper Street Day eine Andacht gefeiert werden könne, und die seit bald zehn Jahren stattfindenden "Motorrad+Pilger-Touren" genannt. Hier gelingt es, Gemeinschaft zu leben und den Schwerpunkt auf die Frage zu legen, was die Menschen brauchen. Diese Fragerichtung bestärkte Weihbischof Schwerdtfeger. Aus seiner Sicht seien Gebet und Gastfreundschaft zwei zentrale Elemente des Kirchseins.
Als ein Teilnehmer des Abends nun die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche und den Umgang der Bischöfe und der Bischofskonferenz damit ansprach, wurde es sehr emotional: Das sei ein Hauptgrund dafür, dass Menschen voller Trauer und Wut die Kirche verlassen und sie irrelevant für die Gesellschaft wird. Es folgte eine äußerst lebhafte Diskussion mit sehr unterschiedlichen Positionen, an deren Ende Weihbischof Schwerdtfeger deutlich machte, dass der Missbrauchsskandal die Glaubwürdigkeit der Kirche erschüttert habe. Auch wenn die vielen unterschiedlichen Gutachten der Bistümer das Thema immer wieder aufs Neue in den Fokus holten, seien sie wichtig, weil sie die Möglichkeit geben, sich der Wirklichkeit zu stellen und die Verbrechen und den Umgang der Bischöfe damit klar zu benennen.
Für ein weiteres Schwerpunktthema des Abends stand der stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstands, Hans Meyer-Albrecht. Er legte dar, dass die kirchliche Verwaltung kein Selbstzweck sei, sondern dem Auftrag der Kirche dienten, für die Menschen da zu sein und das Evangelium zu verkünden. Damit das gelingen kann - und damit die Pfarrer und die ehrenamtlichen Kirchenvorstandsmitglieder von Verwaltungsaufgaben entlastet werden - seien Optimierungen nötig. So könnten z. B. die Ressourcen des Bischöflichen Generalvikariats stärker genutzt und die Zuständigkeiten der Verwaltungsbeauftragten erweitert werden. Im anschließenden Gespräch wurde der Gedanke ins Spiel gebracht, "Geschäftsführerinnen" in den Pfarreien zu installieren, die für den gesamten Verwaltungsteil verantwortlich seien.
Am Schluss des Abends dankte Pfarrer Thomas Mogge, der den Abend moderiert hatte, allen herzlich, die für den reibungslosen Ablauf gesorgt hatten, bevor Weihbischof Schwerdtfeger die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem Segen in die wohlverdiente Nacht entließ. Interessant zu beobachten wird nun sein, ob die Gespräche Auswirkungen auf das Miteinander in der Gemeinde, für die Außenwirkung der Kirche in und um Goslar herum und für die Verwaltung haben. Es bleibt spannend!