11. April 2020
Wie mit Blindheit geschlagen
In seinem Wort zum Ostersonntag fragt Pfarrer Dirk Jenssen danach, was uns die Augen für die Osterbotschaft öffnen kann.
Kennen Sie Louis Braille? - Im ersten Moment werden viele fragen, wer ist denn das? Doch wenn dann das Stichwort Blindenschrift fällt, dann sagen so manche: Ah ja, Braille-Schrift, Blindenschrift.
Das fiel mir ein als ich an Ostern, an Emmaus, dachte. Die beiden Jünger sind auf dem Weg nach Emmaus, laufen nebeneinander her und ihr Herz ist schwer. Da tritt der große Unbekannte in ihre Mitte und sie kommen miteinander ins Gespräch, über ihren Kummer und ihre verschütteten Hoffnungen. Im Lukasevangelium heißt es dann: „Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen“ (Lukas 24,16).
Blindheit in irgendeinem Bereich kennt jeder und jede von uns. Gerade in diesen Zeiten, in denen keine Perspektive aufleuchtet, da können wir uns sehr gut in die Emmausjünger einfühlen. Keine Zeichen der Hoffnung am Himmel. So fängt Ostern an! All die vergangenen Hoffnungen und Planungen sind hin! Da tritt der Dritte in die Mitte und bringt Licht, nicht unbedingt in die Augen, aber ins Herz. „Brannte uns nicht das Herz in unserer Brust, als er unterwegs mit uns redete (V.32)“. Im Gespräch miteinander gehen die inneren Augen auf. Als Louis Braille 1825 – erst sechzehnjährig - die Blindenschrift erfand, da wurden viele sehend, die vorher ausgeschlossen waren. Wieder miteinander in Kontakt kommen über das, was uns Hoffnung macht. Das wäre für mich ein neues Ostern. Zur Zeit sind viele allein auf dem Weg mit ihren Sorgen und Ängsten. An Ostern wird mir und dir gesagt: Da ist einer, der deinem Herzen wieder Licht geben kann, dich sehend machen kann.
Wie lange braucht es bis Ostern wird? Wie lange brauchten die Jünger, bis sie verstanden, dass Jesus wirklich leibhaftig von den Toten erstanden war? Er wurde nicht nur irgendwie wiederbelebt. Gott hat ihn auferweckt zu einer neuen Existenz! Es ist schön, dass die Christen 50 Tage Ostern feiern. Bis Pentecoste – der Fünfzigtag – also Pfingsten sprechen wir über das Wunder der Auferstehung Jesu, bis wir es wirklich sehen, wahrnehmen, tiefer erfassen können. Welche Schrift hilft dabei, um es tiefer sacken zu lassen? Ja, vielleicht die Braille-Schrift oder die Schrift der Musik. Ich habe mir vorgenommen, viele Osterlieder zu singen, damit wirklich Ostern wird und so manche Blindheit von mir sich lösen kann.
Ihnen ein gesegnetes Osterfest wünscht Pfarrer Dirk Jenssen, Katholische Kirche Nordharz
Übrigens: Roland Lorenz und Matthias Schulte haben zwei Osterlieder aufgenommen, die Sie sich auf unserem YouTube-Kanal anhören können, wenn Sie hier klicken. Vielleicht ist das für Sie ja ein Anstoß, um selbst ein Osterlied zu singen. Den Osterklassiker "Christ ist erstanden" spielt Roland Lorenz in der Stiftskirche St. Georg, Grauhof, auf der Treutmann-Orgel von 1737; Matthias Schulte singt das moderne "Auferstehn". Direkt zu den Liedern kommen Sie, wenn Sie auf die Titel klicken.